Naturbezogene Risiken bewerten
Banken müssen in Risikoanalysen zur Bewertung ihrer Kunden aus der Landwirtschaft künftig auch naturbezogene Risiken einbeziehen. Um Biodiversitätsverluste bewerten und umgekehrt biodiversitätsfördernde Maßnahmen landwirtschaftlicher Betriebe angemessen honorieren zu können, sind aber verlässliche Daten und geeignete Bewertungsansätze unerlässlich. Das geht aus einer Marktstudie zur Berücksichtigung von Biodiversität im Agrarbanking hervor, die die Landwirtschaftliche Rentenbank am Montag (1.9) gemeinsam mit Beratern von Capgemini Invent vorgelegt hat.
Nach Angaben der Rentenbank zielen die neuen regulatorischen Anforderungen für den Finanzsektor darauf ab, die Auswirkungen naturbezogener Risiken ausreichend zu berücksichtigen. In der Folge stünden Banken vor der Aufgabe, Biodiversität verstärkt in ihre Kreditvergabe, Risikobewertung und Portfolioanalysen einzubeziehen.
Jedoch seien biodiversitätsbezogene Risiken im Gegensatz zu Klimarisiken komplexer und regional unterschiedlich ausgeprägt. Gerade bei der Bewertung landwirtschaftlicher Kreditnehmer, die in besonders enger Wechselwirkung mit der Natur stünden, entstehe daraus eine besondere Herausforderung.
Für die Sprecherin des Vorstands der Rentenbank, Nikola Steinbock, ist die Landwirtschaft systemrelevant und ein zentraler Wirtschafts- und Resilienzfaktor im Land. Aus ihrer Sicht dürfen bei der Bewertung landwirtschaftlicher Kreditnehmer naturbezogene Faktoren nicht pauschal und damit oft zu negativ beurteilt werden. Steinbock plädiert für eine präzise Bewertung auf Betriebsebene. Dafür seien bessere Daten, neue Bewertungsansätze und eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Finanzsektor notwendig, betonte die Rentenbank-Chefin bei.
Laut Aussage des Leiters Sustainable FS bei Capgemini Invent Deutschland, Marco Meyer, fehlen bislang flächendeckende, standardisierte Indikatoren und belastbare Daten. "Die Studie zeigt, dass viele Banken aktuell noch am Anfang stehen, biodiversitätsbezogene Risiken systematisch zu erfassen. Besonders kleinere Institute kämpfen mit fehlenden Daten und hohem Erhebungsaufwand", berichtete Meyer.
Landwirtschaft im Zentrum
Der Rentenbank zufolge stellt die Studie erste Ansätze und Tools zur systematischen Datenerhebung vor, die Biodiversität messbar und bewertbar machen sollen. Zudem verweist das Förderinstitut auf vielversprechende agrarwissenschaftliche Forschungsprojekte, die an standardisierten Indikatoren arbeiten, die für die Risikoanalyse genutzt werden könnten. Auch liefere die Studie Best-Practice-Beispiele, wie Biodiversität gefördert und biodiversitätsbezogene Risiken für landwirtschaftliche Betriebe reduziert werden könnten.
Nach Steinbocks Worten steht die Landwirtschaft im Zentrum des Biodiversitätsschutzes. "Sie ist einerseits stark von funktionierenden Ökosystemen abhängig, kann aber andererseits durch gezielte Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten", erklärte die Sprecherin des Rentenbank-Vorstands. In der Studie werde dargelegt, dass wirtschaftliche Anreize, praxisnahe Beratung und digitale Lösungen notwendig seien, um biodiversitätsfördernde Maßnahmen flächendeckend umzusetzen.
Die Rentenbank sieht sich in einer besonderen Verantwortung. Als Förderbank für die Agrarwirtschaft will sie nach eigenen Angaben den Dialog zwischen Finanz- und Realwirtschaft stärken und Impulse für praxisnahe Lösungen geben. Durch gezielte Förderprogramme und innovative Finanzierungsprodukte könnten Banken und Förderinstitute Anreize für biodiversitätsfördernde Maßnahmen schaffen und so aktiv zum Erhalt der biologischen Vielfalt beitragen.
Die Studie sei als Einladung zum offenen Austausch und zur Entwicklung gemeinsamer Lösungsansätze zu verstehen, betonte die Rentenbank. Der Schutz der Biodiversität sei nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe. Diese Herausforderung könne nur gemeinsam bewältigt werden. AgE