EFTA und Mercosur sind sich einig
Die vier Länder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) - die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein - haben mit dem südamerikanischen Mercosur-Block ein Freihandelsabkommen vereinbart. Am Rande des Mercosur-Gipfels am 2. Juli in Buenos Aires wurden damit Handelserleichterungen für 97% aller Lieferungen, die zwischen beiden Staatenbündnissen ausgetauschten werden, auf den Weg gebracht.
Zugleich bekannten sich die Partner zu Verpflichtungen in Bezug auf die nachhaltige Entwicklung in der künftigen Freihandelszone, in der die aktuell 300 Millionen Einwohner ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von zusammen umgerechnet 3,6 Billionen Euro erwirtschaften. So sollen beispielsweise die Wälder und die Rechte Indigener Völker geschützt sowie eine nachhaltige Landwirtschaft gefördert werden. Diesbezüglich konkret vorgesehen ist, auf den Einsatz hormoneller Wachstumsförderer in der Tierhaltung zu verzichten und die Verwendung von antimikrobiellen Mitteln als Wachstumsförderer bei Tieren schrittweise einzustellen.
Die Regierungen haben groÃe Erwartungen an die neue Freihandelszone. Nach Angaben des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft werden nach Ablauf der Zollabbaufristen künftig knapp 95% aller Schweizer Ausfuhren in die Mercosur-Staaten vollständig zollbefreit sein. Angesichts der hohen Zölle der Mercosur-Staaten ergäben sich beachtliche Einsparungen von umgerechnet bis zu 192 Mio. Euro pro Jahr. Profitieren dürften laut den Regierungsangaben unter anderem Maschinenhersteller und die Pharmawirtschaft sowie die Hersteller von Käse, SüÃwaren und Babynahrung.
Im Gegenzug gewährt die Schweiz dem Mercosur insgesamt 25 Kontingente für sensible Produkte im Agrarbereich, etwa für Fleisch, Getreide und Obst. Die meisten der Kontingente seien klein oder der Umfang der Konzessionen entspreche den momentanen Importen, betonte das Staatssekretariat. Sie seien daher für die Schweizer Landwirtschaft verkraftbar.
Brasilianer hoffen auf positive Signalwirkung
Der Schweizer Bauernverband (SBV) bezweifelt das allerdings. Er will das Abkommen bis zu dessen Ratifizierung durch die beteiligten Staaten genau prüfen. Bei Zugeständnissen für den Handel mit Produkten, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel seien, müsse es BegleitmaÃnahmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit geben, mahnte der Verband.
Im Mercosur werteten sowohl die Regierungen als auch die Bauernverbände das Abkommen durchweg positiv. Beispielsweise sprach Brasiliens Handelsminister Geraldo Alckmin von einem "Sieg für Dialog und Multilateralismus", der den Handel deutlich anfeuern werde. Brasiliens groÃer Bauernverband CNA wies auf die vergleichsweise hohe Kaufkraft der Konsumenten in den EFTA-Staaten hin. Das mache das Abkommen für brasilianische Exporteure besonders attraktiv. Wichtig sei aber auch, dass das Abkommen positive Auswirkungen auf die Freihandelsgespräche zwischen dem Mercosur und der Europäischen Union haben dürfte.
Copa und Cogeca kritisieren Pläne der EU
Die EU-Kommission hatte ursprünglich angekündigt, noch im Juni den legislativen Text für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten vorzulegen, ist diesen bislang jedoch schuldig geblieben. Zentrale Frage ist, ob die Kommission ein gemischtes Abkommen anstrebt oder den Vertrag in einen Handels- und einen Investitionsteil aufgespaltet.
Unterdessen haben mehrere europäische Branchenverbände gemeinsam mit den EU-Ausschüssen der Bauernverbände (Copa) und ländlichen Genossenschaften (Cogeca) ihre Kritik an dem Abkommen mit dem Mercosur bekräftigt. Vor dem Hintergrund der aktuellen globalen wirtschaftlichen und geopolitischen Instabilität würde die Vereinbarung den Verbänden zufolge nur die externe Abhängigkeit der EU in einem strategisch wichtigen Sektor wie der Landwirtschaft vertiefen. Sie werfen der EU vor, die Landwirtschaft als Verhandlungsmasse zu instrumentalisieren. AgE