Minister Rainer soll gegensteuern
Die vom Bundesumweltministerium (BMUKN) im Referentenentwurf zur Änderung des Treibhausgas-(THG)-Quotengesetzes geplante Absenkung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse stößt in der Landwirtschaft und bei den Biokraftstoffherstellern auf Unverständnis und strikte Ablehnung. Gemäß der Vorlage soll die Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln von 4,4% im Jahr 2026 auf 3% im Jahr 2030 gekürzt werden.
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) forderte Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer am Donnerstag (26.6.) auf, sich bei der laufenden Ressortabstimmung zu der THG-Quotennovelle gegen die Absenkung und stattdessen für eine Anhebung der Kappungsgrenze auf 5,3% einzusetzen. Damit würde ein rückläufiger Gesamtenergiebedarf im Verkehr als Ergebnis einer erneuten steuerlichen Förderung der E-Mobilität kompensiert. Biokraftstoffe seien ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz, der den Bundeshaushalt nicht belaste, betonte die UFOP.
Scharfe Kritik kam auch vom Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe)."Die geplante Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse basiert auf überholten Behauptungen, die seit Jahren wissenschaftlich widerlegt sind von der angeblichen Flächenkonkurrenz bis zu den Effekten sogenannter indirekter Landnutzung", erklärte der BDBe-Vorsitzende Alois Gerig. Nachhaltig zertifiziertes Bioethanol aus heimischem Anbau leiste seit Jahren nachweislich einen kosteneffizienten Beitrag zur CO₂-Minderung im Verkehr - und unterliege dabei wie andere Biokraftstoffe auch strengen ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien.
Laut Gerig steht der Entwurf auch im klaren Widerspruch zum Beschluss der Umweltministerkonferenz (UMK) vom November 2024, wonach bei einer Quotenneuregelung alle nachhaltigen Optionen zur THG-Minderung ausgeschöpft werden sollen. Für den BDBe sei die Vorlage ein "klimapolitischer Rückschritt", denn Bundesumweltminister Carsten Schneider und sein zuständiger Staatssekretär Jochen Flasbarth griffen dabei auf Argumente zurück, die in der Fachwelt längst als überholt gelten.
Ein "Desaster"
Die UFOP warnte auch davor, dass die Reduzierung dieser Kappungsgrenze die Versorgung mit Futterprotein gefährde. Der Biodieselmarkt sei für den deutschen und europäischen Rapsanbau und für die hiesigen Rapsmühlen mit ihrer Verarbeitungskapazität von etwa 10 Mio. Tonnen Saat der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt. Die Erzeugung von Biokraftstoffen und die Verfügbarkeit von heimischem Rapsschrot bedingten sich gegenseitig, gibt die Förderunion zu bedenken.
Kein Blatt vor den Mund nahm der Verband Biogasrat+. Er sprach mit Blick auf den Referentenentwurf von einem "Desaster". Der angekündigte Politikwechsel hin zu einer technologieneutralen Politik, die die Potenziale aller erneuerbaren nachhaltigen Kraftstoffoptionen für erfolgreichen Klimaschutz im Verkehr unterstütze, werde ad absurdum geführt.
Erneuerbare fortschrittliche Biokraftstoffe und biogener Wasserstoff würden gegenüber anderen erneuerbaren Kraftstoffoptionen, wie erneuerbarem Strom, massiv diskriminiert mit erheblichen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf bestehende Projekte zur Erzeugung fortschrittlicher erneuerbarer Biokraftstoffe, beklagte der Biogasrat+. Dieser schweren Wettbewerbsverzerrung müsse im weiteren Gesetzgebungsverfahren von den politischen Entscheidungsträgern Einhalt geboten werden.
Vorgabe gegen Betrügereien
Mit dem geplanten Gesetz will das BMUKN die Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2023/2413 (RED III) sowie ihrer Durchführungsverordnung umsetzen. Neu ist, dass die Vorgaben zur Treibhausgasminderung jetzt nicht mehr nur für die Straße, sondern auch für den Luft- und Seeverkehr gelten sollen. Die Einsparungsrate an Treibhausgasemissionen bei den Kraftstoffen soll von 10,6% im laufenden Kalenderjahr auf 53% im Jahr 2040 steigen. Branchenangaben zufolge wären das 315 Mio. Tonnen.
Für die Quote zu fortschrittlichen Biokraftstoffen sieht der Entwurf eine Anhebung vor. Die Doppelanrechnung soll aber entfallen. Ab sofort nicht mehr auf die THG-Minderungsquote angerechnet werden sollen Biokraftstoffe aus Sojaöl sowie aus Reststoffen der Palmölproduktion.
Außerdem reagiert das Bundesumweltministerium auf die Betrügereien mit Biokraftstoffen. Die Bioenergiebranche hatte immer wieder mutmaßlich falsch deklarierte Biodieseleinfuhren aus China beklagt. Dem Referentenentwurf zufolge werden in Zukunft erneuerbare Kraftstoffe nur noch anrechenbar sein, wenn Vor-Ort-Kontrollen durch eine zuständige Behörde eines EU-Mitgliedstaates möglich sind. Ist das nicht der Fall, entfällt die Anrechenbarkeit.
Für erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO) wie grünem Wasserstoff oder E-Fuels wird eine neue verpflichtende Unterquote eingeführt. Während die EU-Richtlinie hier eine Minderungsquote von 1% für das Jahr 2030 vorsieht, sind es im Referentenentwurf des BMUKN 1,5%. AgE