SPD gegen Ausnahmen bei Mindestlohn
Die SPD lehnt es weiterhin ab, Saisonbeschäftigte in der Landwirtschaft vom gesetzlichen Mindestlohn auszunehmen. Das hat der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, beim Deutschen Raiffeisentag am Mittwoch (4.6.) in Berlin bekräftigt. Der SPD-Politiker begründete die Position insbesondere damit, dass Ausnahmeregelungen automatisch mit zusätzlicher Bürokratie einhergingen.
Wiese betonte, dass die Festlegung des Mindestlohns allein in der Entscheidung der unabhängigen Mindestlohnkommission liege. Das Gremium wird Ende Juni seine Entscheidung treffen. Staatliche Eingriffe werde es nicht geben, versicherte der Abgeordnete. Wiese machte zugleich deutlich, dass sich die Kommission nach seiner Einschätzung in etwa auf einen Wert von 15 Euro pro Stunden einigen wird. Auf dieses Ziel hätten sich auch SPD und Union im Koalitionsvertrag verständigt.
Unterdessen hat der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) den Gesetzgeber aufgefordert, Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der kurzfristigen Beschäftigung zu beseitigen. Dies betrifft insbesondere das Kriterium der fehlenden Berufsmäßigkeit. Als Anlass könne die geplante Ausweitung der sozialversicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung von 70 auf 90 Arbeitstage dienen.
Rückwirkende Zahlungen verhindern
Sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigungen dürfen nicht "berufsmäßig" ausgeübt werden. Bei Überprüfungen häufen sich seit einigen Jahren die Beanstandungen in Fällen, in denen Saisonarbeitskräfte ihren beruflichen Status als Hausfrau oder Hausmann angeben. Dies habe zur Folge, dass Betriebe rückwirkend die vollen Sozialabgaben, also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, für diese Beschäftigungen nachzahlen müssten, erläuterte GLFA-Hauptgeschäftsführerin Nicole Spieß gegenüber AGRA Europe. Ihren Angaben zufolge haften die Betriebe damit für falsche Angaben der Beschäftigten, obwohl sie keine Möglichkeit haben, deren Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen zu überprüfen. Der GLFA fordert deshalb eine gesetzliche Regelung dahin gehend, dass eine mögliche Sozialversicherungspflicht bei unzutreffenden Angaben nicht rückwirkend gilt, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe einer entsprechenden Entscheidung durch die Deutsche Rentenversicherung - und somit nur für die Zukunft wirkt.
Darüber hinaus hält es die Hauptgeschäftsführerin für dringend erforderlich, das Kriterium der fehlenden Berufsmäßigkeit gesetzlich klar und praxisnah zu definieren. Eine mögliche Lösung wäre für Spieß die Einführung einer verbindlichen Entgeltgrenze, bis zu deren Erreichen von keiner berufsmäßigen Ausübung ausgegangen werden kann. Eine solche Grenze könnte sich an dem für steuerlich begünstigte kurzfristige Beschäftigungen geltenden Tageshöchstbetrag von 150 Euro orientieren. Dies entspräche der Rechtsanwältin zufolge bei einer aktuell maximal möglichen Einsatzdauer von drei Monaten à sechs Arbeitstage pro Woche einem Jahresverdienst von bis zu 11.700 Euro.
Unterstützung bei Unterweisungspflichten
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) verwies derweil auf ihre Angebote für Betriebe und deren Saisonarbeitskräfte im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Dazu gehören vor allem Gesundheitstage und Beratungen zu den Themen Sonnenschutz und Schutz vor Hitze. Laut SVLFG werden dabei Informationen in den Muttersprachen der Saisonarbeitskräfte gegeben und "Motivationsartikel" wie Sonnenschutzmittel und Sonnenhüte verteilt. Diese Gesundheitstage unterstützten die Unternehmer auch bei der Wahrnehmung ihrer Unterweisungspflichten.
Damit diese Beratungen und Gesundheitstage in den Betrieben für die Saisonarbeitskräfte in ihrer Muttersprache verständlich gestalten werden können, kooperiert die SVLFG mit dem Europäischen Verein für Wanderarbeiter. Speziell geschulte Kräfte beraten zusammen mit den Präventionsmitarbeitern der SVLFG oder auch selbstständig. Im vergangenen Jahr konnten laut Sozialversicherung auf diese Weise an über 30 Gesundheitstagen mehr als 3.000 Saisonarbeitskräfte informiert werden. Auch in diesem Jahr besteht dieses Angebot. Die SVLFG empfiehlt allen Betrieben, die Saisonarbeitskräfte beschäftigen, aktiv auf sie zuzugehen und gemeinsam einen Gesundheitstag zu veranstalten. Anmeldungen sind über die Internetseite der SVLFG möglich. AgE