03.06.2025

Wirtschaft begrüßt Verschiebung

Die Ankündigung der Koalition, die Frist für die Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf den 1. März 2026 zu verschieben, findet in der Wirtschaft weiter Zustimmung. Erleichtert reagiert der Verband der Fleischwirtschaft (VDF). "Die gewonnene Zeit kann nun genutzt werden, um das Gesetz sach- und praxisgerecht umzugestalten", erklärte VDF-Hauptgeschäftsführer Steffen Reiter. Mit der Initiative Tierwohl (ITW) und der Kennzeichnung der Haltungsform hätten die Wirtschaftsbeteiligten in der Erzeugungskette Fleisch Systeme in der Breite etabliert, die die Haltungsbedingungen transparent darstellen und eine hohe Bekanntheit beim Konsumenten aufweisen. Laut Reiter sollten diese Systeme als bürokratiearme Basis für die künftige Kennzeichnung der Haltungsstufen herangezogen werden.
ITW-Geschäftsführer Robert Römer sprach sich dafür aus, etablierte private Kontrollsysteme in die zukünftige staatliche Systematik so zu integrieren, dass die privatwirtschaftlichen Strukturen sinnvoll genutzt werden. Die im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz vorgesehenen Registrierungs- und Nachweispflichten für landwirtschaftliche Betriebe hält Römer für überflüssig. Sie könnten gestrichen werden, weil die bestehenden Registriernummern nach Viehverkehrsverordnung (VVVO) bereits eine verlässliche Zuordnung ermöglichten. Aufzuheben sei auch das Verbot, Fleisch von Tieren, die in einer höheren Haltungsstufe gehalten wurden, in einer niedrigeren Stufe zu vermarkten. Das sogenannte Downgrading sichere eine marktgerechte Verwendung des Fleischs. "Wenn Politik und Wirtschaft in diesen Feldern gemeinsam aktiv werden und praktikable Lösungen erarbeiten, kann die staatliche Tierhaltungskennzeichnung zu einem echten Mehrwert werden", ist der ITW-Geschäftsführer überzeugt.
Aus Sicht der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) geht es jetzt vor allem darum, das bestehende "Murksgesetz" grundsätzlich zu überarbeiten und alle offensichtlichen Fehler zu beseitigen. Reparaturbedarf sieht die ISN insbesondere bei wesentlichen Fragen und Knoten in der Umsetzung sowie bei der klaren Benachteiligung heimischer Ware gegenüber den nicht kennzeichnungspflichtigen Importen. Entscheidend sei, dass das Gesetz erst dann in den Praxiseinsatz kommt, wenn es auch praxistauglich ist. Ob die anvisierte Verschiebung dafür ausreiche, bleibe abzuwarten.
Ausweitung statt Rückabwicklung
Für Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ist die geplante Fristverlängerung "ein gutes Signal hin zu mehr praxistauglicher Politik". Die CSU-Politikerin sieht in der Ankündigung einen Beleg, "dass Alois Rainer die ideologiegetriebene Politik im Bundeslandwirtschaftsministerium durch eine umsetzbare und realistische Linie ersetzt." Der Minister erfülle damit eine Forderung der Agrarministerkonferenz. Damit werde deutlich, dass der Bund wieder auf eine gute Zusammenarbeit mit den Ländern setze. Das haben wir lange vermisst“, so Kaniber. Aus bayerischer Sicht sei es entscheidend, dass Tierwohl nicht durch Bürokratie verhindert werde. Die Landwirtschaft brauche Planungssicherheit, nicht ständig neue Auflagen. Deshalb sei es richtig, die Ausweitung auf andere Tierarten und Vermarktungsformen nicht überstürzt voranzutreiben.
Der Leiterin der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Heimat der Grünen im Bundestag, Dr. Zoe Mayer, warf hingegen der Koalition vor, sie wolle durch die Verschiebung und grundlegende Überarbeitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes "tierquälerische Haltungsformen weiterhin vor Verbraucherinnen und Verbrauchern verschleiern". Damit verhindere sie Planungssicherheit für die Landwirtschaft. Statt einer Rückabwicklung brauche es viel mehr eine zeitnahe Ausweitung des Gesetzes, unter anderem auf die Gastronomie. Ein fertiger Gesetzentwurf dafür liege auf dem Tisch. "Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Tiere besser halten als der Mindeststandard vorgibt, sollten dies auch im Markt transparent darstellen können und nicht durch eine weitere Verschleppung bestraft werden", warnte Mayer. Eine verlässliche Kennzeichnung sei ein zentraler Schritt hin zu einer zukunftsfesten Tierhaltung. Sie werde ausdrücklich von der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) empfohlen. AgE

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