07.04.2025

Agrarbranche warnt vor Eskalation

Die EU-Kommission steht angesichts des neuen pauschalen US-Zollpakets gehörig unter Druck. Reagiert Brüssel zurückhaltend, könnte US-Präsident Donald Trump dies als Einladung für noch weitergehende Handelsrestriktionen gegen die EU verstehen. Sollte die Behörde dagegen mit scharfen Vergeltungszöllen unter anderem auf US-Agrarprodukte aufwarten, drohen Lieferketten mindestens durcheinanderzugeraten. Vor allem etwaige Versorgungsengpässe treiben die Agrarbranche um, weshalb die Verbände fast unisono weitere Verhandlungen anmahnen.
Der Präsident des EU-Ausschusses der Bauernverbände (Copa), Massimiliano Giansanti, verweist auf zusätzliche Verunsicherung und finanzielle Belastungen durch das neue US-Zollpaket. Für die EU-Kommission müsse das Thema Ernährungssicherheit nun oberste Priorität haben. Giansanti drängt beide Seiten dazu, umgehend den Dialog zu suchen, um einen umfassenden Handelskonflikt abzuwenden. Ganz ähnlich äußerte sich Lennart Nilsson, Präsident des EU-Ausschusses der ländlichen Genossenschaften (Cogeca). Zunächst sollte Verhandlungen Vorrang eingeräumt und alle diplomatischen Möglichkeiten ausgelotet werden, betonte Nilsson. Vergeltungsmaßnahmen von Brüsseler Seite nutzten weder den Landwirten in der EU, noch denen in den USA, so der Schwede. Stattdessen drohe zusätzliche Inflation, und landwirtschaftliche Betriebe würden destabilisiert.
Beim EU-Dachverband des Nahrungsmittelhandels (CELCAA) geht man davon aus, dass die Ausfuhren in die USA trotz der pauschalen Zusatzzölle erst einmal weiterlaufen. CELCAA sieht die Handelsbeziehungen mit den USA durch das neue Zollpaket allerdings empfindlich gestört. CELCAA-Generalsekretärin Alice O’Donovan empfiehlt von den US-Zöllen betroffenen Unternehmen, sich auf der Absatzseite breiter aufzustellen und dazu neue Märkte außerhalb der USA zu erschließen. Gleichzeitig begrüßte die Irin, dass es in Brüssel nun ein Zeitfenster für weitere Verhandlungen geben soll.
Soja, Mais und Lysin bald knapp?
Sorgen vor möglichen EU-Gegenzöllen treiben vor allem den Dachverband der europäischen Mischfutterhersteller (FEFAC) um. Dessen Präsident Pedro Cordero warnte davor, dass den Europäern "der Zugang zu wesentlichen, kritischen und strategischen US-Futtermittelzutaten" verloren gehen könnte. Kritisch sieht man etwaige Gegenzölle der EU auf Sojabohnen, Kokzidiostatika, Lysin und Probiotika sowie Mais samt Nebenerzeugnissen wie Maiskleberfutter amerikanischer Provenienz. Cordero zufolge führt die EU jährlich bis zu 6 Mio. Tonnen Sojabohnen aus den USA ein. Dies entspricht dem FEFAC-Präsidenten zufolge in etwa 44% aller Sojabohneneinfuhren in die EU. Cordero fürchtet, dass die Beschaffungskosten für Sojaprodukte durch Brüsseler Gegenzölle kurzfristig um 5% bis 10% steigen könnten und begründet dies mit der absehbar steigenden Nachfrage nach Proteinfutter von außerhalb der USA.
Sein Unbehagen mit Blick auf das eigene US-Geschäft äußert der Europäische Milchindustrieverband (EDA) und geißelt gleichzeitig die Zollpolitik Washingtons als "ungerechtfertigt". EDA-Generalsekretär Alexander Anton stellte klar, dass die EU-Milchexporte - vor allem Käse - weniger als 2% des gesamten US-Inlandsverbrauchs ausmachen. Mit diesen Käsesorten bediene man in den USA ein ganz besonderes Marktsegment. Hier stehe man nicht in direktem Wettbewerb mit amerikanischen Milcherzeugnissen.
Aus Sicht des Präsidenten der Versammlung der Europäischen Weinregionen (AREV), Franck Leroy, kennt ein Handelskrieg nur Verlierer. Dies gelte vor allem für die Weinerzeugung, die oftmals zu schnell in Handelskonflikte hineingezogen werde. Leroy drängt deshalb ebenfalls in Richtung US-Regierung darauf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. AgE

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